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Mailabsturz in Varanasi

Ich bin zur Zeit in Varanasi und hab vorgestern ein riesengroßes Monstrum von E-Mail geschrieben, da ich im Internetcafé wegen eines fetten Monsunregens festhing. Wie ich heut sehe, ist das Ding irgendwo im Nirwana des Internets verschwunden und nie angekommen. Ich hab heut nicht mehr genug Kohle, um das alles nochmal zu schreiben, aber vielleicht komm ich morgen nochmal dazu.

Amritsar/Varanasi

Ich sitz' also wieder mal bei Regen in einem Internetcafé in Varanasi, draußen tragen sie grad einen Toten vorbei, und ich hoffe, diesmal kommt die Mail an.


Nach meinem Aufenthalt in Dharamsala bin ich nach Amritsar an der indisch-pakistanischen Grenze gefahren. Dort steht der Goldene Tempel, das Hauptheiligtum der Sikhs. Der Sikhismus ist eine Religion, die sich aus dem Hinduismus, dem Buddhismus und dem Islam das angeblich Beste rausgepickt hat.
Der Tempel steht auf einer Insel in einem Teich und ist oberhalb des Erdgeschosses mit vergoldeten Kupferplatten verkleidet. Der Tempel ist nicht sehr groß und dementsprechend herrscht drin ein übelstes Gedränge, alle Pilger wollen zum Haupteingang rein und vorher die Schwelle küssen und sich dann drin auf den Boden werfen und beim rausgehen wieder die Schwelle küssen und den Türrahmen abschlecken und von hinten schieben die nächsten. Währenddessen findet ein immerwährender Gottesdienst statt, es wird aus einem heiligen Buch vorgelesen oder drei Musiker spielen irgendwas. Die Priester lasen sich von der Unruhe nicht stören, müssen nur aufpassen, dass sie nicht von den Münzen der Pilger erschlagen werden, die ständig nach ihnen geworfen werden.
Das Gelände rings um den Tempel ist ziemlich groß und alles ist marmorverkleidet. Zum Tempel gehören eine Gemeinschaftsküche, wo täglich 50.000 kostenlose Portionen verteilt werden. Auch kann man dort in großen Gemeinschaftsunterkünften kostenlos übernachten.
An meinem letzten Tag dort war gerade Neumond, das ist für die was besonderes und deswegen waren dann Zehntausende von Pilgern da, die natürlich nicht in die Unterkünfte reinpassten. Und so lagen dann abends überall auf den Wegen und in den Parks und rings um den Teich Leute, die da übernachteten. Da war ich dann ziemlich froh, dass es in der Herberge einen extra abgeteilten und bewachten Bereich für Ausländer gab, in dem ich auch noch allein war.

Von Amritsar fuhr ich 1100 km mit dem Zug nach Osten nach Varanasi an den Ganges. Die Züge in Indien sehen wie Knasttransporte aus, sie haben vergitterte
Fenster, die Abteile innen sind teilweise durch Gitter abgetrennt und die Liegen sind an einer Längsseite an der Wand befestigt, die andere Seite hängt an Ketten. Das die Züge Liegen haben, ist auch dringend nötig, ich bin 27 Stunden gefahren und der Zug brauchte bis zur Endstation nochmal 24. (Falls ihr Bilder vom Zugunglück gesehen habt, der Zug dort sah etwas anders aus, das war ein Hochgeschwindigkeitszug, oder das, was die hier für einen solchen halten.)

Varanasi ist für die Hindus die Heilige Stadt, die Stadt Shivas. Wer hier stirbt geht direkt ins Nirwana ein und entgeht dem Kreislauf der Wiedergeburten. Deshalb gibt es hierher einen regelrechten Sterbetourismus. Die Toten werden dann auf offenen Bahren durch die Altstadt geschleppt und an einem Ghat verbrannt. Die Ghats sind Stufen zum Fluss hinunter. An den anderen Ghats baden die Leute in der dreckigen Brühe, waschen ihre Klamotten (hab ich gestern beobachtet: einmal reintunken, auswringen, trocknen, sauber), trinken das Wasser, lassen sich rasieren, machen irgendwelchen Klimbim usw.
Die Stadt selbst ist wohl eine der ältesten noch existierenden auf der Welt, genauso sieht sie auch aus. Man muss auch schon einiges an Orientierungssinn haben, um sich in den vielen kleinen Gassen nicht zu verlaufen.

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